Abhängigkeit statt Liebe

Abhängigkeit statt Liebe

Abhängigkeit statt Liebe ist eine emotionale Verwechslung mit schlimmen Folgen. Anstatt sich vom Aggressor, einer Person die übergriffig, kontrollierend oder auch gewalttätig ist zu trennen entsteht eine Verbindung: Der Partner, der sich abhängig fühlt identifiziert sich und findet so Erklärungen für das Verhalten.

Es handelt sich dabei um einen Psychologischen Abwehrmechanismus der sich Identifikation mit dem Aggressor nennt. So entsteht in der Beziehung Abhängigkeit statt Liebe.

Die Identifikation mit dem Aggressor tritt auf, wenn eine Person einer missbräuchlichen Situation ausgesetzt ist und das eigene Überleben entweder gefühlt oder real physisch, von dem Aggressor abhängt.

Die Angst, der Stress und Panik Gefühle, die eine solche Situation auslöst, sind unerträglich. Es ist unmöglich eine solche Belastung auf Dauer zu ertragen. Daher sucht die Psyche einen Ausweg.

Abhängigkeit statt Liebe

Wenn es der Person gelingt sich in den Aggressor einzufühlen, ihn zu verstehen und sich sogar innerlich mit ihm zu verbinden, dann löst sich der Widerspruch auf:

Der natürliche Impuls wäre dem Aggressor zu entgehen. Da das aber nicht möglich ist, weil Person angewiesen ist auf den Aggressor, muss sie sich mit dem Aggressor verbinden. So verschwindet, ganz oder teilweise, der Impuls der Situation zu entkommen.

Wie beim Stockholm Syndrom

Ähnlich wie bei der Banken Geiselnahme 1973 in Stockholm, während der 4 Angestellte 5 Tage lang festgehalten wurden und dann eine positive emotionale Beziehung zu den Geiselnehmern entwickelten (daher Stockholm Syndrom), so ist es auch möglich, dass eine missbrauchte Ehefrau sich so mit Ihrem Mann identifiziert, dass sie ihn in Schutz nimmt und erklärt, dass die Prügel gerechtfertigt sei.

Auch hier gibt es wieder einen Konflikt zwischen „Über ich“, „es“ den das „ich“ zu lösen versucht:

Das „Es“ hat sicherlich zu Anfang den Impuls sich in Sicherheit zu bringen.

Das „Über ich“ hat entweder einen moralischen Anspruch im Falle der Ehefrau: Er ist Dein Mann, Du solltest Ihn verstehen! Oder einen Sachzwang wie bei der Geiselnahme: Du kannst der Situation nicht entkommen ohne Gefahr zu laufen erschossen zu werden.

Das „ich“ sucht nach einem Ausweg, um die Situation Psychisch ertragbar zu machen und verbindet sich mit dem Angreifer / Geiselnehmer.

Abhängigkeit statt Liebe, Ein Beispiel:

Frau Müller hatte sich verliebt und ging schon eine Weile mit einem Mann aus, der sehr dominant wirkte und sagte, wo es lang geht. Sie war schon immer eher unsicher, hatte das Gefühl allein nicht gut zurecht zu kommen und fühlte sich zunächst bei ihm geborgen.

Immer mal wieder hatte er Momente, in denen er aufbrausend war und sie sehr beschimpfte, weil sie in seinen Augen etwas falsch gemacht hatte. Im Anschluss erklärte er ihr, dass er ja nur ihr Bestes wolle und ihr helfen wollte.

Frau Müller glaubte seiner Erklärung und akzeptierte sie immer mehr als wahr, bis zu dem Punkt wo sie sich selbst als unzureichend, fehlerhaft und simpel zu dumm empfand. Sie ignorierte die kleinen Warnmeldungen in ihrem Hinterkopf und ließ sich weiter auf die Beziehung ein.

Warnmeldungen werden oft ignoriert

Als er den Vorschlag machte, dass die beiden doch zusammenziehen könnten, ließ sie sich darauf ein und gab ihre eigene Wohnung und damit Ihre Eigenständigkeit auf. Sie glaubte, dass er bestimmt liebevoller wäre wenn sie ganz bei ihm wäre.

Jetzt war die emotionale Abhängigkeit (sie wollte die Beziehung nicht verlieren) einer realen, existenziellen Abhängigkeit gewichen, da sie mit ihm wohnte und keinen Rückzugsort mehr hatte.

Seine Attacken wurden immer stärker und nahmen jetzt auch körperliche Ausmaße an. Er wurde wegen jeder Kleinigkeit wütend und schlug oft auf sie ein.

Leider hatte sie sich im Laufe der Zeit immer mehr darauf eingelassen die Dinge durch seinen Blickwinkel zu betrachten: Er hat ja recht, ich mache alles falsch…

Sie begegnete einer alten Freundin und erklärte ihr, dass ihr Partner schon in Ordnung sei, sie ihn verstehen könne und sich einfach bemühen müsste ihre Aufgaben besser zu erledigen. Sie wollte ihn nicht verlassen und hatte sich selbst aufgegeben.

Die Identifikation mit dem Aggressor ist in meinem Beispiel also schrittweise verlaufen. Tatsächlich kann dieser Prozess aber, wie bei der Geiselnahme, auch sehr schnell gehen. Die Angst von Frau Müller, allein nicht zurecht zu kommen, ohne Partner leben zu müssen und die Verbindung mit dem Partner zu verlieren ist so groß, dass eine Trennung unmöglich scheint. Um den Widerspruch aufzulösen stellt sie sich emotional an seine Seite.

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